Selbst auf die Gefahr in jetzt einige Leser zu verschrecken, die meine gepflegten, schöngeistigen Rezensionen wertschätzen, ich muss heute einen absolut brillanten, weil abgrundtief bösen Fetzen Comicspass besingen, der nichts aber auch gar nichts mit gutem Geschmack oder Sitte & Anstand zu tun hat.
Natürlich oute ich mich jetzt auch als ein konsequenter Trendverschnarcher, weil der Hype um diesen talkativen Antihelden schon in den 90er begonnen hat - aber hey ich bin a) kein Marvelianer & b) ein bekennender Superheldenphobiker (und zwar aus tiefster Seele). Also bin ich entschuldigt.
Was bleibt: Deadpool, der Söldner mit der großen Klappe ist nach Tony Chu meine zweite Comicentdeckung in diesem noch jungen 2011. Ein völlig überdrehter Irrer mit atemberaubenden Selbstheilungskräften berichtet aus seinem Leben als gedungener Söldner im (natürlich niemals offiziellen) Sold der USA.
Von seinen blutrünstigen Strafexpeditionen nach Lateinamerika, bei denen er und sein Team Contras jagten. Richtig Contras, Kleingeist Reagan hatte da ein paar Details missverstanden, wollte aber den Linken nicht den Gefallen tun dies zuzugeben - solche wunderbar süffissanten Schläge ins Gesicht der offiziellen politischen Geschichtsschreibung finden wir hier zuhauf.
Ansonsten wird hier ein fröhlicher Karneval gefeiert, mit einer gigantischen Anzahl von Seitenhieben & Zitaten, galligstem Humor und solch grenzwertig absurdem Comicspass, dass es für jeden Folgeband schwer sein wird diese zuckerschockig-durchgeknallte Kunstblutsause zu toppen.
Ich weiss überhaupt nicht wo ich anfangen sollte zu loben, hier ist einfach alles am rechten Fleck, das symphatisch-psychotische Grinsen der Hauptfigur, die üppigen Rundungen seiner Mitstreiterinnen, der Kehlenschnitt beim Gegner, die Flugbahnen der Hirnmasse der Überwundenen, der blanke Horror in den Augen der Richter - alles da wo es sein soll.
Definitiv keine große Literatur mit kathartischer Erbauungstendenz, aber sicherlich auch kein No Brainer, dafür sind die Zitate zu pointiert, die Experimente mit Erzählstrukturen zu offensichtlich augenzwinkernd und die bis zum Ende durchgehaltene Unentschiedenheit im Storyboard zu konsequent.
Und die Frage bleibt bestehen - ist Deadpool ein zuverlässiger Erzähler, ein glaubwürdiger Chronist oder ist er doch nur ein großmäuliger Söldner?
Ich finde eigentlich nur eines wirklich daneben bei diesem Comic & dass sind die seltsam altherrenwitzigen Übersetzungen der Originaltitel ... bitte bitte Panini, keine Alliterationen mehr, ja? Aber ansonsten, wie soll ichs sagen? Vielleicht einfach laut & in Großbuchstaben ...
F-L-A-N-E-U-R-E-MP-F-E-H-L-U-N-G !!!
Auffindbar ist dieser kurzweilige Irrsinn in beiden Filialen, Kostenpunkt: 12,95 Euro.
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