Montag, 11. Oktober 2010

Bastian Vivès: Der Geschmack von Chlor [Reprodukt]. Ein Kammerstück in Chlorgrün.


Ich möchte der Besprechung dieses Comics ein paar Zahlen voranschicken, welche illustrieren sollen weshalb dieser Titel etwas wirklich außergewöhnliches ist.

Der Autor Bastian Vivès war, als er im Sommer 2007 mit der Arbeit zu diesem Szenario begann, gerade mal 23 Lenze jung und doch strotzt die Handlung bei aller Jugendlichkeit vor nahezu alterskluger Beobachtungsgabe. Ein naives kindliches Staunen trifft auf einen anrührenden melancholischen Strich - die Virtuosität dieses Künstlers ist atemberaubend.

Auch wenn mich nun manch einer, wegen der vermeintlichen Pedanterie des Versuchs oder der nicht notwendigen Fleißarbeit, als Sonderling bezeichnen mag, ich hab mit einmal die Mühe gemacht den Titel zu sezieren, denn auch andere numerische Überlegungen erstaunen.

Der sich auf 128 Seite erstreckende Comic ist in 622 Panels unterteilt, in welchen exakt 1273 Worte eingebunden sind - summa summarum also etwa 2,04 Worte pro Panel - lautsprecheriche Geschwätzigkeit sieht anders aus. Was aber bringt einen Autor dazu so verschwenderisch mit Bildern und so zaghaft mit Worten zu sein?

Ich kann diese Frage auf keinem Fall befriedigend beantworten, aber was ich versprechen kann ist, dass dieser Comic ein Lesevergnügen der besonderen Art darstellt. Die Handlung ist fast nebensächlich, alleine die atmosphärische Wirkung entwickelt diesen sehr speziellen Sog.

Ein namenlos bleibender Protagonist wird durch seinem Physiotherapeuten und durch sanfte Überredungsgewalt dazu gebracht schwimmen zu gehen - in einem Hallenbad. Fakt ist, dass diese Örtlichkeit ohnehin einen eigensinnigen Raum darstellt, welcher anders als bei einem Freibad, welches mit Liegewiesen und einem entspannten Sonnenbad lockt, ein reiner Funktionsort bleibt, der keinerlei Ablenkung abseits des Schwimmens verspricht. Diese Erfahrung macht auch der Protagonist, sein Fremdeln, sein Unbehagen wird kongenial in den grünlichen Bilder eingefangen.

Erst als er eine begnadete Schwimmerin kennenlernt, welche ihn ein wenig in die hohe Kunst des Tauchens einführt verschwindet diese Haltung. Gleichzeitig entwickelt sich jedoch eine starke Sehnsucht nach der Vertrauten in diesem künstlichen Gewässer.

Im Verlauf der Geschichte entwickelt sich zwischen beiden, zwischen der Athletin und dem schwächelnden Schwimmer, eine sanfte Zuneigung, eine subtile Beziehung, welche einfach fesselt.

Vivès gelingt es mit sublimen Dialogen, einer bildgewaltigen, fast greifbaren Atmosphäre und einer begnadeten erzählerischen Dichte eine kleine Geschichte der Sehnsucht zu erzählen, die niemals kitschig oder bemüht wirkt. Aber er berichtet nicht nur von diesem süssen Schmerz der Erwartung, sondern auch von der schlußendlichen Emanzipation des Protagonisten, welcher auf den letzten Seiten auch alleine seine Bahnen ziehen kann und sein Unbehagen überwindet. Ein Kammerstück in Chlorgrün, wunderschön und sicherlich nicht zu Ende, wenn man den Comic zuklappt.

Hier findet ihr eine Leseprobe der ersten Seiten des Comic, käuflich erwerbbar ist er in beiden Filialen für 18,00 Euro. Ich spreche diesem leisen, vorsichtigen, fast unauffälligen Comic eine sehr deutliche Flaneurempfehlung aus, denn dieser Titel ist eigen und dieser Mut zur Eigenheit muss belohnt werden.

Desweiteren bin ich sehr gespannt auf den nächsten Titel dieses jungen Autors, welchen Reprodukt im Oktober dieses Jahres verlegen will. In meinem Augen scheint ähnlich sinnlich, behutsam und aufmerksam erzählt zu sein - möglicherweise entwickelt sich hier jemand zu meinem neuen Lieblingszeichner, es bleibt abzuwarten, aber nach diesem tollen Debut mache ich mir keine allzu große Sorgen über die Folgetitel.

»Simpsons«-Couch-Gag von Banksy!

Kennen alle Vielsurfer bestimmt schon, aber weil's bestens zum Wochenstart am Montagmorgen passt: Das düstere Intro der gestern in Amerika ausgestrahlten Episode befasst sich bitterböse mit dem eigenen »Simpsons«-Merchandising. Kinderarbeit und gequälte Pandas inklusive...


Die taz weist passenderweise noch auf den Tafelgag “I must not write all over the walls” hin:



Update 12. Oktober: FOX hat die beste Werbung, die ein TV-Sender eigentlich für sein Programm erhalten kann, von YouTube entfernen lassen... derzeit ist der Clip noch zu sehen:

- auf Dailymotion



- auf Vimeo

Freitag, 8. Oktober 2010

zur Buchmesse: nett anzuschauende Werbung für das (gedruckte) Buch



Vorbildlich! Wie zitty Berlin das neue Fil-Heft präsentiert:


Didi & Stulle 9: Im Auftrag der Kanzlerin

48 Seiten, farbig, 29 x 21 cm, Softcover
Zitty Verlag
7,00 Euro


In unseren beiden Filialen immer vorrätig, ebenso wie alle älteren lieferbaren Titel von Fil!


Wer noch nicht überzeugt ist, kann sich hier einen ersten (großen) Eindruck verschaffen (auf's Cover klicken!):



...und dies musst Du kucken -->>>


28 Fil Raritäten - eine Bilderstrecke bei Zitty

u.a. mit
- dem Original-Brief-Umschlag von Fils Bewerbung
- Else Punk und die Chauvi-Schürze
- ein altes Foto von 1984 (rechts)



Fotocover (rechts)

und tolles Interview mit FIL von Lutz Göllner im Heft und hier online

alle Abbildungen © zitty Berlin 2010

Donnerstag, 7. Oktober 2010

Hoffentlich hat das Buch eine ähnliche Sogwirkung wie der Trailer!

Bryan Talbot - Grandville Mon Amour

Mögen die Spiele beginnen

Muss ich noch mehr sagen...??? 
Die ersten Anime/Japan-Kalender für 2011 sind gestern angekommen...



Einer der verstörendsten Comics der letzten Jahre nun komplett online... VORSICHT BEIM WEITERLESEN!

Selbst @quitzi, das sonst so ziemlich ALLES gesehen, gehört und gelesen hat, und das sich sonst so leicht nicht aus der Ruhe bringen lässt, war hier mehrere Minuten still. Und nach Stunden immer noch »verstört«.

COCKBONE von Josh Simmons: Vielleicht ist das sowas wie das Texas Chainsaw Massacre des Comics, oder jedenfalls das, was dieses filmische Meisterwerk von Tobe Hooper für den FILM vor fast 40 Jahren geleistet hat: A family that slays together, stays together. Josh Simmons ergänzt diese These um das fuck together...

It was one of the best comics you never read last year, meint Sean T. Collins von Robot 6. Please note: This is perhaps the most disturbing comic I have ever read, and it's way, way beyond NOT SAFE FOR WORK. I'm serious — this nightmarish cocktail of sexual violence and depravity will upset you. Badly. Just remember: You've been warned.


Zuerst veröffentlicht im vergangenen Jahr in dem kleinen, amerikanischen Schmuddelheft SLEAZY SLICE #3, das im Moment nicht mehr vorrätig ist, das wir auf Wunsch aber gerne nachbestellen (Preis ca. 8 Euro).

The art here is highly reminiscent of Chester Brown's work on Ed the Happy Clown, positioning small characters inside dense, sometimes askew panel arrangements, all the better for sedating the gory sexuality at hand into a sort of absurdity, although Simmons is not as interested in overt comedic fantasy. Rather, his dazed hero (w' enhanced appendage) is a naif caught up in parental struggles, just as his world is beat down by a conflict few seem to have control over. And while he shows a heart of steel, it's ultimately futile in Simmons' fallen world, even with the eventual introduction of magic - all the good ones are slaves to disease, sexual, metaphorical and otherwise.

it's an impressively fucked-up little comic and definitely worth a read.

-> hier geht's weiter