Freitag, 23. August 2013

Ungnade - Gastbeitrag

Ungnade ist so ein gewichtiges, schweres, deutsches Wort mit Pathos, das im Mund liegt wie ein bräsiger, eingespeichelter Dinkelbratling. Es klingt auch sehr katholisch und ich mag dieses Wort nicht. Ich mag es vor allem nicht im Zusammenhang mit Comics! Denn ich liebe Comics! Und wenn es auch einige Comics gibt, die ich natürlich heute so nicht mehr lesen würde oder gut fände, dann gab es doch mal eine Zeit in der ich genau diese Comics toll, super, gigantisch fand!

Jetzt zu sagen, dass diese Comics grottig sind, sagt ja auch einiges darüber aus, was für ein Idiot ich damals war, dieses Comics leidenschaftlich zu lieben.

[Das hat durchaus Ähnlichkeit damit eine zerbroche Liebesbeziehung im Nachhinein nochmal tüchtig durch den Schmutz zu zerren.

Das es sich doch um ein komplettes Miststück/Bitch/Loser/Vollidioten gehandelt habe und man nur froh sein sollte, dass die Kiste vorbei sei. Auch wenn man damals den Anderen für das Beste seit der Erfindung von Coca Cola hielt.]

Zugegebenermaßen sprach ich hier über Kindheits/Teenager-Erinnerungen.

Später fallen Comics nicht mehr in Ungnade - man liest sie einfach nur nicht mehr. Kauft sie nicht mehr. Und dann werden sie nicht mehr hergestellt. Und dann sind sie mausetot. Aber das hat mit "Ungnade" nun wirklich nichts zu tun. Dazu braucht man Hormone! Und die hat man in der notwendigen Überproduktion eben nur in jungen Jahren...

Ich sprach dann nochmal mit Torsten über dieses Thema, der das anders sah. Aus seiner Sicht gibt es bei Comics - wie auch bei Filmen - gewisse Modewellen, die einige Jahre/Jahrzehnte später wirklich nicht mehr gehen. Einwurf: "Wie das "N-Word bei Ottfried Preussler?" Neeeeein. Nein. Nicht wirklich, das ist ja eine gesellschaftliche Entwicklung, die dann von staatlicher Seite sanktioniert wurde. Eher Geschmacksrichtungen, die jetzt einfach überholt sind.

[Gedankenblase über meinem Kopf: "Wie nackter Busen in US-Mainstream-Kinofilmen? Unverpixelt? Ohne den Standard-BH der IMMER anbleibt?"] Das Gespräch lief dann in eine andere Richtung weiter, aber es stimmt schon: "Ungnade" muss nicht dramatisch sein.

"Ungnade" kann auch prima mit "Peinlich" kombiniert werden. Und in dieser Kombination passt es prima zu meinen Gefühlen für MLP:FIM [My little Pony: Friendship ist Magic]. Ich muss dazusagen meine kleine Tochter liebt diese Serie (Cartoon auf DVD, natürlich nicht auf Youtube!). Die ersten zwei Seasons habe ich mit ihr zusammen geguckt und fand sie - ok! Wirklich nett gemacht, gute Dialoge, passable Villians!

Also für eine explizite Mädchenserie wirklich akzeptabel - und um Lichtjahre von Prinzessin Lilifee entfernt. [OT: Schaut euch mal spaßeshalber das Publikum für eine Prinzessin-Lilifee-Kinofilm an einem Samstagnachmittag an - viele, viele Väter mit ihren Töchtern! Also entweder sind die deutschen Männer alle Weicheier oder Alice Schwarzer hat gesiegt.] Jedenfalls habe ich die Meinung auch im Freundeskreis vertreten. Dann haben sie in Season 3 die Autoren gewechselt und die Serie wurde mjaaaaaa. [Töten. Burn them. Burn them with Fire.] Und so was hab ich weiterempfohlen?

Das ist gefühlsmäßig vergleichbar mit dem Neuzugang im Freundeskreis, der noch ein wenig fremdelt, aber ganz nett zu sein scheint. Dann lädt man sie - weil man ja nett sein will - zu den nächsten Fete ein. Und dann kommt sie in voller Barbie-Blond, Trailer-Trash, Kampfmontur Und bringt ihren neuen Freund mit. Mit seinem Kampfhund. Und die hast du eingeladen?

"Als ich sie kennenlernte, war sie anders."

 -JULES-