Auf Nachfrage erklärte sie stolz ihre unschlagbare Methode:
1.) Lass deine Spielfigur irgend Jemanden heiraten.
2.) Schließe eine Lebensversicherung auf diesen Jemanden ab.
3.) Wenn du noch keine Pool hast - baue einen Pool.
4.) Animiere diesen Jemanden im Pool zu baden.
5.) Verkaufe die Leiter vom Pool!
6.) Kassiere die Lebensversicherung von diesem Jemanden und gehe zu Schritt 1.) zurück.
Leider war die Mutti der kleinen Schwester nach dieser Erklärung so überhaupt nicht mehr stolz auf ihr Kind und setze zu einer langen Erklärung an - warummandassonichtmachenkönnedennwenndasaucheinSPIEListsogibtesdochdingmitdenenmanKEINEN!SPASS!machtdennwennmandarübernachdenktdassdas……
Bin mir nicht sicher, ob a) die kleine Schwester danach noch alleine am Computer spielen durfte und b) das heute noch in SIMS funktionieren würde. (Ist vielleicht schon auf der Liste der jugendgefährdenden Spiele"! Hoho.)
Aber Kinder haben eben noch nicht so unbedingt die Verbindung zwischen "Horror" & "was hieße das in der Realität". Klassisch ist dabei auch die Transferleistung beim Witze erzählen:
(Original-Klassiker)
"Alle Kinder schauen auf das brennenden Haus
- nur nicht Klaus, der guckt raus."
(Nacherzählt vom Kind)
"Alle Kinder schauen auf das brennenden Haus
- nur nicht Klaus, der puuuuuuupst!"
Kind lacht sich scheckig.
Ok, wenn man den Original-Klassiker kennt, dann weiß man in etwa was auf dem Schulhof ursprünglich erzählt wurde. Man hat auch eine ungefähre Vorstellung davon warum aus Kindersicht "ein pupsender Klaus" soviel lustiger als "ein guckender Klaus" ist. (Witz hat also ein klares Update bekommen!)
Aber wenn das Kind nachfragt, warum man bei dem Original zumindest grinst und bei der Nacherzählung nur doof guckt - dann wechselt man ganz schnell das Thema. Ja, Kinder haben noch nicht so unbedingt den Bezug zwischen"Horror" und Realität. Und wenn man das versucht zu erklären, wird's so richtig eklig.
Dabei lieben Kinder die Kombination "eklig & realitätsfern" sehr. Unvergessen der Blick in die Süßwaren-Kiste des Spielzeugladens:
- "Augäpfel" (d.h. Zuckerkugeln farblich als blutige Augäpfel getarnt),
- "Riesenpopel" (d.h. superweicher gelber Kaugummi mit hartem dunkelgelben Kern)
und ganz neu (für mich)
- "Falsche, quittengelbe Raucher-Zähne" (d.h. ein Schnuller, der auf der Innenseite normales Zuckerzeug bietet und auf der Außenseite in Plastik das ganz entzückende Abbild einer Zahnreihe. Wahlweise normale Zähne, übertriebene Hasenzähne oder die genannten Raucherzähne)
Man könnte nostalgisch werden.
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Das Buch "Lenore" ist KEIN Kinderbuch und beschreibt die ausgesprochen ekligen, widerlichen Abenteuer eines kleinen Mädchen.
Diese Lenore hat in etwa soviel Mitgefühl wie Bettis Schwester. Lenores Abenteuer sollte man sich besser nicht in der Realität vorstellen - genauso wenig wie brennende Häuser in doofen Witzen. Und ja - der Ekelfaktor liegt in etwa bei dem der Süßwarenkiste des Spielzeugladens.
(Hängt in gewisser Weise auch mit der Dramaturgie des Buches zusammen: Direkt in der ersten Geschichte passt Lenore auf ein kleines Baby auf - was nicht gut ausgeht. Also für das Baby nicht gut ausgeht. Und erst im zweiten Teil des Buches wird in der Geschichte "Der Rabe" erklärt warum Lenore eben so ist wie sie ist.)
Aber ist das wirklich wichtig? Lenore bietet viel kleine Episoden, charmant & das Gegenteil von regulär-kitschig & eine gute Dosis FU ist auch mit dabei.
Wunderschön beispielsweise die Episode in der Lenore erst ihren Kitsch-Teddy aus dem Fenster pfeffert, dann in einer alten Truhe eine wirklich-wirklich hässliche Puppe findet, diese für "süß" befindet, sogar reparieren will, sich dabei aber in den Finger sticht, woraufhin sich die Puppe wieder in einen Vampir verwandelt, der von einer Hexe ursprünglich bestraft worden war, die ihn zwar nicht töten, aber in eine hilflose Puppe verwandeln konnte - BIS DANN ein Blutstropfen von Lenore bei der Reparatur die Puppe traf, diese in einen Vampir zurückverwandelte, der dann Lenore direkt beissen wollte. Was nicht gut ausging. Also für den Vampir nicht gut ausging.
Natürlich kann man das auch in kurzen Sätzen nacherzählen.
Würde aber einen falschen Eindruck erwecken.
Den Eindruck, das diese Geschichte gleichförmig verläuft.
Dem ist nicht so.
Eigentlich direkt importiert aus der Zeit als man sein (Ex-)Kinderzimmer schwarz anstrich, entweder superlaute oder superdepressive Musik hörte, überzeugt vom kompletten Unverständnis der gesamten Welt war und absolut nicht kooperativ. Für niemanden!
Aber das schöne ist ja, dass auch diese Zeit irgendwann kein Dauerzustand mehr ist. Man lernt andere Leute kennen, bekommt andere Hobbys, hat vielleicht sogar einen Job und ein verantwortungsvolles Leben.
Man verdient genug Geld um sich seine Comics selber zu kaufen.
Man kann sogar bei Rot über die Straße gehen!
Cheers.
JULES