Dienstag, 31. März 2020

Huch? Noch offen?

Jawohl, weil wir eine Buchhandlung sind und wir Euch mit unseren Comics und Graphic-Novels die Zeit in den eigen vier Wänden verkürzen und versüssen!


Deshalb auch gleich mein Lesetipp für die entbehrungsreiche Zeit:


"Der König der Vagabunden" von Bea Davies und Patrick Spät aus dem Berliner Avant-Verlag:



Partick Spät erzählt darin die Geschichte von Gregor Gog, der als Matrose der deutschen Kriegsmarine Ende des ersten Weltkriegs politisiert wird: Als Pazifist und Anarchist nahm er an Aufständen teil und verweigerte Befehle. Nach Kriegsende lebte er bewusst auf der Strasse, erfuhr hautnah Hunger und Massenelend. Mit zahlreichen Gewährten  durchwanderte Gog das damalige Deutschland, voller Verachtung für bürgerliche Lebensweisen und die Obrigkeit und den Staat sowieso. Durch sein glaubwürdiges Wesen gelang es ihm, die Vagabunden, Tippelbrüder und -schwestern zu vereinen und in einer "Bruderschaft" zu sammeln und zudem eine Zeitschrift mitzubegründen, den "Kunden" - man könnte sagen den Ur-"Strassenfeger". Ihm und dem Zusammenschluss standen nicht nur bürgerliche und nationalistische Kräfte teils angst- teils hasserfüllt entgegen, sondern auch sozialistische und kommunistische, denen die antiautoritäre Prägung der "Vagabunden" gleichermassen ein Dorn im Auge war. Dennoch schaffte er es, in den Nähe von Stuttgart, trotz Verbots und Strassensperren, 600 Vagabunden zu einem Kongress zusammenzubringen!
Hoch interessant sind auch seine Weggefährten, erste "Hippies", "Kommunarden", Vegetarier, Nudisten und spätere Mitbewohner des alternativen "Monte Verita" im Tessin.
Es ist ein Leben in schwierigen Zeiten - darum heute so lesenswert und erhellend.
Unglaublich, dass es trotz der Bedeutung der Person Gogs und seiner Weggefährten kaum biografisches Material gibt. Wie bereichernd also für uns Leser, dass Spät und Davis mit diesem Buch die wenigen Fragmente zu einem beeindruckenden Ganzen zusammengefügt haben!

Ich hätte das Buch nicht so bereitwillig in die Hand genommen, wenn mich nicht die eleganten und ausdrucksstarken schwarz-weiss-Zeichnungen von Bea Davies angelockt hätten! Die im Anhang abgedruckten Fotografien belegen die Genauigkeit mit der die Zeichnerin arbeitet ohne dabei verkrampft zu wirken.
Wer Reinhard Kleist oder Hugo Pratt mag, sollte unbedingt zu diesem Buch greifen - er wird es nicht bereuen!

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