Donnerstag, 1. September 2011

Nein, nicht nur Graphic Novels erzählen kluges. Ein Plädoyer für den guten alten Comic!


In den letzten Monaten hat sich ja diese Unsitte eingebürgt, die Deutungsdiskurse rund um die ermüdende Trennung zwischen U&E-Kultur auf einem anderen Schlachftfeld erneut auszutragen.

Zahlreiche Stimme proklamieren die Überlegenheit, der in sich geschlossenen Titel des Marktsegments der Graphic Novel und erkennen nicht an, dass auch traditionell-seriell erzählende Titel tiefschürfende, ja philosophische Gedanken zu formulieren imstande sind. Okko & Sillage sind zwei der augenscheinlichsten Gegenbeispiele zur Widerlegung dieses literarischen Alleinvertretungsanspruchs der graphischen Kunst.

Beide, durch den Carlsenverlag veröffentlichte Serien überzeugen duch stimmige Charakterentwürfe, mitreissende Szenerien, erzählerische Sicherheit und überrraschende Storydrifts. Ich möchte mit Sillage beginnen.

Es liegt nun bereits der 12te Titel der dezidiert moralisch-politisch argumentierenden, fränzösischen Sciencefictionreihe vor und noch immer schreibt das Gründerduo gemeinsam diese Saga fort. Eine Seltenheit & ein Faktum, welches durchaus eine Würdigung verdient.

Für alle Neueinsteiger will ich den Titel kurz vorstellen. Die Hauptfigur der Serie ist die jungen Nävis, sie ist gleichzeitig auch der einzige Mensch an Bord des titelgebenenden, gewaltigen Sternenschiffkonvois - der Sillage. Und ihre Geschichte ist nicht immer eine erfreuliche und sie ist auch selten frei von Widersprüchen und Konflikten.

Nävis war langjährig als gedungene Söldnerin im Auftrag der Konstitute (einer Art intersterallen UN) tätig und liquidierte die Störenfriede dieser Pressuregroup auch ohne größeres Federlesen. Doch wie bei allen tragischen Helden meldete sich auch bei ihr das Gewissen zu Wort und sie entsagte dem Auftragstöten - wie es dazu kam? Lest hierzu doch bitte Band 1-11 :D.

Wem Nävis schon bekannt ist, dem sei gesagt auch dieser Band quillt erneut über vor phantastischen Einfällen und atemberaubenden technischen Zeichungen. Ich möchte nur eines verraten, dieses Mal führt sie ihr Weg zu einem Planeten, der alle Bewohner zu konsequenter (erschreckender) Offenheit & Ehrlichkeit zwingt. Ein wundervoller Ort um die sinistren Machenschaften manch eines ranghohen Konstitutepolitikers aufzudecken.

Ich bin auch noch im Jahre 13 der Serie begeistert davon wie leichtfüssig das Duo hier politische, ethische & philosophische Diskurse in ein mitreissendes Actiongewand einweben kann. Sillage bleibt ein Tipp!


Und auch der dritte Band der Samuraisaga rund um den schweigsamen Ronin Okko überzeugt. In Deutschland erscheinen die Comics stets als Doppelausgabe - der vorliegende Band enthält somit Band 5 & 6 der französischen Originalserie. Im dritten Elementarzyklus (nach Wasser & Erde folgt nun Luft) durchstreift das bereits aus den Vorgängerbänden bekannte Quartett - Okko, der hünenhate Dämonenkrieger Noburo, der unkonventionelle & stets angetrunkene Mönch Noshin & der angehende Priester Tikku das durch Kriege verheerte Japan des Jahres 1108.

Und auch bei diesem Band überzeugt Hub durch unglaublich präzise Darstellungen von Rüstungen, Klöstern, Dämonen und Landschaftspanoramen. Okko ist grafisch sowie erzählerisch einfach beeindruckend. Nur wenigen Serien, die sich diesem Zeitalter verpflichtet fühlen, gelingt eine solch glaubwürdige Schilderung, insbesondere die kenntnisreiche Einarbeitung japanischer Volksmythen und Sagenfiguren begeistert.

Aber auch in einem anderen Punkt kann das Lob nicht laut genug sein, denn Hub gelingt es die imposanten Kampfhandlungen realistisch erscheinen zu lassen - im Gegensatz zu manch anderen Zeichnern, deren Helden scheinbar allen physikalischen Zwängen im Duell entbunden zu sein scheinen.

Wer eine Schwäche für erzählerische Brillanz besitzt, präzise historische Rüstungsstudien zu schätzen weiss und ein offenes Ohr für die japanische Sagenwelt hat, der muss hier einfach zugreifen und staunen!

Ihr könnt beide Titel in beiden Filialen finden.