Freitag, 18. Dezember 2009

Rabaté - Bäche & Flüsse [Reprodukt]


Comics können von so vielem handeln, von Sternenkriegen, von Zombieplagen, von Sexualmördern - aber von Alterssexualität handeln sie selten, um genauer zu sein: nie.

Dies wird sich nun ändern, der französische Zeichner Rabaté, der bisher durch seine gekonnte Tolstoi-Adaption und seine graphische Annäherung an die jüngere südafrikanische Geschichte für Aufsehen sorgte und von sich zu reden machte, schafft Abhilfe.

Im Zentrum der gelassen erzählten Geschichte steht der Rentner und Witwer Emile, der seine alten Tage mit seinem besten Freund Edmond beim Fischen und Plaudern zubringt. Die beiden vertrauen sich alles an, haben keinerlei Geheimnisse voreinander, glaub zumindest Emile. Als er, eher durch Zufall, von einer alten Kneipenbekanntschaft erwährt, dass sich Edmond noch oft mit Frauen trifft, stellt er den den Freund zur Rede stellt. Edmond wiederum grinst sich keck eins und setzt noch einen weiteren Klecks obendrauf. Er trifft sich nicht nur mit diesen Damen, er portraitiert sie auch nackt - eine üppige Ansammlung von Akten wird dem überraschten Freund präsentiert - die Folge: Lachen.

Nach dieser Episode finden die beiden alten Herren noch näher zueinander, ihre Beziehung wird inniger als sie es ohnehin bereits war - dann der Schock! Edmond bricht vor seiner Staffelei zusammen, sein Herz versagt.

Emile gelingt es noch zwei der Bilder vor den Erben zu retten, die in einem Anfall von Ekel über das Alterswerk des Vaters, dieses dem Feuer übergeben. Emile bleibt alleine zurück, findet keinen echten Trost mehr bei seinen Freunden in der Brasserie, zwar lernt er auf der Beisetzung noch eine Frau kennen, mit der er sich mehrfach verabredet, der er Blumen schenkt und dennoch er verliert zunehmend den Lebensmut.

Nun geschieht etwas, was ich nicht ausführlich schildern werde, weil dies zuviel von der eigentlichen Geschichte des Comics vorweg nimmt, nur soviel, er packt sein Auto, kauft eine wohlfeile Überdosis Tabletten ein & möchte - bevor er seinem Leben ein Ende setzt - die Ort seiner Kindheit wiederbesuchen ...

Viel mehr als diese kleine Alltagsgeschichte benötigt Rabaté nicht um einen grandiosen warmherzigen, manchmal melancholischen, teilweise aber schreiend komischen Comic zu malen, seine Farbgebung, sein Strich, der Ton seiner Erzählung, die Finesse der Dialoge - all dies ergibt ein stimmiges Bild einer ländlichen französischen Kleinstadt, deren Bevölkerung es Rabaté scheinbar sehr angetan hat.

Das Treiben in Brasserie, das stille Zeitverschwenden am Flusslauf, all diese Miniaturen eines antiurbanen Lebens zeichnen diesen Comic aus und machen ihn zu einem ganz besonderen Titel - selbst im ohnehin schon fabelhaften Verlagsprogramm.

Altersmilde, mit jugendlicher Leichtigkeit pointiert, Rabaté lässt gekonnt inszenierte Momente entstehen, die so im Comic bisher nicht oft zu sehen waren, ja man kann sogar sagen, selten wurden die ausgetretenen Pfade des Comics schöner geschmückt.