Ari Folmans subjektive Studie über den Bürgerkrieg im Libanon hatte in seiner Filmfassung bereits für Furore gesorgt und ein hohes Maß an Aufmerksamkeit auf ein bis heute teilweise ungeklärtes historisches Ereignis gelenkt.
Die psychologisch glaubwürdige Annäherung an die eigenen Kriegserfahrungen und die damit verbundenen inneren Konflikte überzeugten durch ihre eigenständige Form und erlaubten einen raffinierten Zugriff auf ein hochsensibles Thema. Folman parallelisierte die Suche nach historischer Wahrheit und individueller Deutung der Ereignisse und erreichte eine Dichte, die mich staunen ließ.
Insbesondere der Kniff am Ende des Films, als er die Distanzierungstechnik der Comicdarstellung unterbrach, um reale Aufnahmen des Massakers in den Flüchtlingscamps Sabra und Shatila einzuspielen, machte die Wucht seiner Arbeit deutlich.
Möglicherweise hat er sich als Geburtshelfer einer neuen Form der historischen Darstellung erwiesen, als er die Form eines dokumentarisches Umrunden verborgener Strukturen mit den Mitteln des Comics wählte um seine Absicht zu illustrieren.
Im Regelfall folgt die Filmfassung der Veröffentlichung des Comics, in diesem Fall war der Weg ein anderer. Und so waren die Macher der Comicadaption mit dem Problem konfrontiert, die hochdynamische Bewegtbildfassung in eine statischere Form zu überführen. Eine Herausforderung, die meines Erachtens mit Bravour gelöst wurde, ohne das zugrunde liegende Werk zu beschädigen.
Möglicherweise ist die gedruckte Form dieser Aufklärungsarbeit sogar nochmals heimtückischer, weil während der Lektüre vor dem inneren Augen starke, assoziative Bilder beschworen werden, die der Film natürlich durch seine Gestaltung und Geschwindigkeit vorweg nimmt und/oder steuert.
Natürlich kann man einwenden, dass die psychedelischen Zwischeneinblendungen des Films eine Lebendigkeit besitzen, welche der Comic nur unzureichend darstellen kann, aber akzeptiert man diesen Makel der medialen Form, bleibt auch hier eine Wucht bestehen, die nicht kalt lässt.
Man muss sich während der Lektüre des Comics immer wieder vor Auge führen, dass es sich bei Waltz with Bashir in erster Linie um einen Dokumentarfilm handelt, der unbequeme Fragen über die Verdrängungsdynamiken von Gesellschaften (und der eigenen Psyche) aufwirft. Der Weg zur Offenlegung des verdrängten, traumatischen Erlebnisses wird schonungslos skizziert.
Auslöser der Suche nach den Taten der Vergangenheit ist ein Freund des Autors, welcher ihn mit seinen immer wiederkehrenden Alpträumen konfrontiert, dieser Impuls löst eine Kette von Überlegungen bei Folman aus - er wird sich über die eigenen geschwärzten Erinnerungen bewusst und beginnt seine Recherche.
In der Comicfassung, welche jetzt seit einigen Monaten auch in der deutschen Übersetzung vorliegt, wird der Umfang des Filmes natürlich verknappt, aber die Intention bleibt erhalten. Auf 121 Seiten beweist der künstlerische Leiter der animierten Dokumentation David Polonsky, dass beide Formate (Film & Comic) die erwünschten Gefühle der Beklemmung transportieren können. Auch die Comicfassung ist unbequem und erzeugt Reibung.
Die schockierende fehlende Aufarbeitung des Massakers gewährte der Näherung auch ihre unbeschreibliche und seltene Dynamik. Folman wandert an den selbstauferlegten (und stellenweise politisch gewollten) Tabus und Denkverboten entlang und macht durch unbequeme Fragen Widersprüchlichkeiten und Verschwiegenheiten sichtbar und glücklicherweise ist er auch bereit alte Wunden zu öffnen.
Je tiefer man in das subtile Textbildgeflecht eintaucht, umso näher kommt man dem unbestimmten Gefühl einer unausgesprochenen Augenzeugenschaft. Dieses Unbehagen trägt die gesamte Spannung des Entwurfs, lässt den Leser/Zuschauer nicht unberührt und erzeugt eine verstörende Unbestimmtheit, welche erst am Ende des Films/Comics durch den erschreckenden Einsatz einer medialen Mischform - Dokumentarfotografie und Comicstrich - aufgelöst wird. Ich hoffe, dass diese Form des historischen Comics noch viele Nachahmer finden wird, denn ihr aufklärerisches Potential ist offensichtlich.
Egal ob ihr nun die Film- oder die Comicfassung kennen lernen wollt, ihr werdet bei beiden Medien einen Kloß spüren, denn die Realitäten dieses Kriegs werden sich nicht durch ein erfreuliches Happy End oder ein friedliches Ende für alle Beteiligten in Wohlgefallen auflösen, es wird den Opfern gedacht. Sicherlich kein Stoff für einen vergnüglich-leichten Fernsehabend oder eine sonnige Lektüre für zwischen durch - aber wichtig ist Waltz with Bashir allemal - und daher bekommt er auch die Flaneurempfehlung.
Erwerbbar ist der aufklärerische Comic in beiden Filialen für 22 Euro (deutsche, gebundene Fassung) oder 17,95 Euro für das englischsprachige Softcover.
Die psychologisch glaubwürdige Annäherung an die eigenen Kriegserfahrungen und die damit verbundenen inneren Konflikte überzeugten durch ihre eigenständige Form und erlaubten einen raffinierten Zugriff auf ein hochsensibles Thema. Folman parallelisierte die Suche nach historischer Wahrheit und individueller Deutung der Ereignisse und erreichte eine Dichte, die mich staunen ließ.
Insbesondere der Kniff am Ende des Films, als er die Distanzierungstechnik der Comicdarstellung unterbrach, um reale Aufnahmen des Massakers in den Flüchtlingscamps Sabra und Shatila einzuspielen, machte die Wucht seiner Arbeit deutlich.
Möglicherweise hat er sich als Geburtshelfer einer neuen Form der historischen Darstellung erwiesen, als er die Form eines dokumentarisches Umrunden verborgener Strukturen mit den Mitteln des Comics wählte um seine Absicht zu illustrieren.
Im Regelfall folgt die Filmfassung der Veröffentlichung des Comics, in diesem Fall war der Weg ein anderer. Und so waren die Macher der Comicadaption mit dem Problem konfrontiert, die hochdynamische Bewegtbildfassung in eine statischere Form zu überführen. Eine Herausforderung, die meines Erachtens mit Bravour gelöst wurde, ohne das zugrunde liegende Werk zu beschädigen.
Möglicherweise ist die gedruckte Form dieser Aufklärungsarbeit sogar nochmals heimtückischer, weil während der Lektüre vor dem inneren Augen starke, assoziative Bilder beschworen werden, die der Film natürlich durch seine Gestaltung und Geschwindigkeit vorweg nimmt und/oder steuert.
Natürlich kann man einwenden, dass die psychedelischen Zwischeneinblendungen des Films eine Lebendigkeit besitzen, welche der Comic nur unzureichend darstellen kann, aber akzeptiert man diesen Makel der medialen Form, bleibt auch hier eine Wucht bestehen, die nicht kalt lässt.
Man muss sich während der Lektüre des Comics immer wieder vor Auge führen, dass es sich bei Waltz with Bashir in erster Linie um einen Dokumentarfilm handelt, der unbequeme Fragen über die Verdrängungsdynamiken von Gesellschaften (und der eigenen Psyche) aufwirft. Der Weg zur Offenlegung des verdrängten, traumatischen Erlebnisses wird schonungslos skizziert.
Auslöser der Suche nach den Taten der Vergangenheit ist ein Freund des Autors, welcher ihn mit seinen immer wiederkehrenden Alpträumen konfrontiert, dieser Impuls löst eine Kette von Überlegungen bei Folman aus - er wird sich über die eigenen geschwärzten Erinnerungen bewusst und beginnt seine Recherche.
In der Comicfassung, welche jetzt seit einigen Monaten auch in der deutschen Übersetzung vorliegt, wird der Umfang des Filmes natürlich verknappt, aber die Intention bleibt erhalten. Auf 121 Seiten beweist der künstlerische Leiter der animierten Dokumentation David Polonsky, dass beide Formate (Film & Comic) die erwünschten Gefühle der Beklemmung transportieren können. Auch die Comicfassung ist unbequem und erzeugt Reibung.
Die schockierende fehlende Aufarbeitung des Massakers gewährte der Näherung auch ihre unbeschreibliche und seltene Dynamik. Folman wandert an den selbstauferlegten (und stellenweise politisch gewollten) Tabus und Denkverboten entlang und macht durch unbequeme Fragen Widersprüchlichkeiten und Verschwiegenheiten sichtbar und glücklicherweise ist er auch bereit alte Wunden zu öffnen.
Je tiefer man in das subtile Textbildgeflecht eintaucht, umso näher kommt man dem unbestimmten Gefühl einer unausgesprochenen Augenzeugenschaft. Dieses Unbehagen trägt die gesamte Spannung des Entwurfs, lässt den Leser/Zuschauer nicht unberührt und erzeugt eine verstörende Unbestimmtheit, welche erst am Ende des Films/Comics durch den erschreckenden Einsatz einer medialen Mischform - Dokumentarfotografie und Comicstrich - aufgelöst wird. Ich hoffe, dass diese Form des historischen Comics noch viele Nachahmer finden wird, denn ihr aufklärerisches Potential ist offensichtlich.
Egal ob ihr nun die Film- oder die Comicfassung kennen lernen wollt, ihr werdet bei beiden Medien einen Kloß spüren, denn die Realitäten dieses Kriegs werden sich nicht durch ein erfreuliches Happy End oder ein friedliches Ende für alle Beteiligten in Wohlgefallen auflösen, es wird den Opfern gedacht. Sicherlich kein Stoff für einen vergnüglich-leichten Fernsehabend oder eine sonnige Lektüre für zwischen durch - aber wichtig ist Waltz with Bashir allemal - und daher bekommt er auch die Flaneurempfehlung.
Erwerbbar ist der aufklärerische Comic in beiden Filialen für 22 Euro (deutsche, gebundene Fassung) oder 17,95 Euro für das englischsprachige Softcover.